Archive for Oktober 2014

Das Generationen-Gerede

Oktober 13, 2014

Generationen und Gesellschaften werden oft in Schablonen unterteilt – der besseren Übersichtlichkeit halber. Generation Golf, Generation Silber, Generation Praktikum, Gesellschaft der Angst, nivellierte Mittelstandsgesellschaft, Spaß- und Freizeitgesellschaft: Es wurden und werden immer wieder Versuche unternommen, Generationen und Gesellschaften auf einen Nenner zu bringen. Solche Begriffe eignen sich für steile Thesen oder zum Verkauf von Büchern, zur Beschreibung der gesellschaftlichen Realität taugen sie nicht, meint der Personalexperte Michael Zondler.
Der Soziologieprofessor Heinz Bude hat ein neues Buch geschrieben. „Gesellschaft der Angst“ heißt das nur 160 Seiten schlanke Werk http://www.his-online.de/verlag/9010/programm/detailseite/publikationen/gesellschaft-der-angst/. Für die Rheinische Post (RP), die Budes Buch einer kritischen Analyse unterzogen hat, kommt die „große Angst ab 40“. „Die deutsche Mittelschicht hat Angst vor dem Leben“ lautet der erste Satz apodiktisch. „Mit Verlaub gesagt, solche generalisierenden Aussagen sind ziemlicher Unsinn. Natürlich gibt es ängstliche Frauen und Männer über 40, aber es gibt genauso auch mutige Damen und Herren, sich den Herausforderungen im Privat- wie Berufsleben beherzt stellen“, sagt der Personalexperte Michael Zondler vom Beratungsunternehmen centomo http://www.centomo.de. „Wir bei centomo sind ein eher junges Team. Bei unserer Klientel, also Kandidaten, Interimsmanagern und Freelancern und Personalverantwortlichen, haben wir es mit allen Altersgruppen im erwerbsfähigen Alter zu tun. Es ist eher ein Medienphänomen oder ein Fall fürs soziologische Oberseminar, wenn man so tut, als würden die verschiedenen Generationen auf voneinander weit entfernten Planeten leben.“
Dorothee Krings beschreibt die gesellschaftliche Wirklichkeit in ihrer RP-Analyse anders. Die heute 40-jährigen seien zwar kompetent, kommunikativ und ehrgeizig, steckten aber voller Furcht: „Die Angst vor dem Abstieg, vor der Ausgrenzung aus der mächtigen Mehrheitsgesellschaft mit ihren Konsumansprüchen.“ Die Arbeitsverhältnisse würden brüchiger, die Halbwertszeit angeeigneten Wissens sinke. Schon mit 30 erlebten Angestellte, wie Jüngere nachrückten, „die frischer ausgebildet und williger zur Selbstausbeutung sind“. Die aktuellen Leistungsträger gerieten so in schwere Depression und fantasierten ständig über Ausstiege aus ihren Karrieren nach.
„Natürlich gibt es den IT-Experten oder Ingenieur, der zwischenzeitlich mal darüber nachdenkt, ob ein Leben als Heilpraktiker, Romanschriftsteller oder Tantralehrer nicht auch seinen Reiz hätte. Und der eine oder andere wird auch aussteigen und etwas anderes versuchen. Nur: Viele über 40-jährige IT-Experten oder Ingenieure wollen einfach das weiter machen, was sie jetzt tun. Und sie tun es gerne und gut“, so Zondler.
Vor kurzem habe die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, dass Konzerne wie Daimler und Bosch (laut FAZ der „Pionier der Senior-Experten-Tools“) die Rentner zurückholten. Aus diesen Einzelbeispielen jetzt gleich einen Megatrend für eine ganze Generation oder Gesellschaft abzuleiten, sei kompletter Unsinn, meint Zondler. „Letztlich sind Debatten über frustrierte 40-jährige und fitte 70-jährige ein Luxusproblem einer Wohlstandsgesellschaft – wobei natürlich auch dieser Begriff wieder eine Pauschalisierung beinhaltet, die nicht allen Mitgliedern der Gesellschaft gerecht wird“, so der centomo-Geschäftsführer.

Digitale Ablenkung

Oktober 6, 2014

Werden Sie diesen Text ohne Unterbrechungen zu Ende lesen? Wie oft schauen Sie zwischendurch aufs Smartphone? Können Sie Facebook und Co. mal für ein paar Minuten links liegen lassen? Wahrscheinlich setzte sich fast jeder entrüstet zur Wehr, wenn ihm unterstellt würde, er könne noch nicht einmal einen so kurzen Text ohne Ablenkungen lesen. Doch die Realität sieht anders aus – auch in unseren Büros und im Arbeitsalltag.
„Digitale Ablenkung ist nicht nur ein Phänomen, das sich nicht mehr wegdiskutieren lässt, es ist auch zu einem Problem geworden. Ablenkung in Maßen ist gut. Mal zwischendurch die Sinne schweifen lassen, ein paar Schritte an der frischen Luft gehen oder in der Küche mit den Kollegen plaudern. Hunderte von Mails – häufig mit belanglosem Inhalt -, Dutzende von Telefonaten, Meetings ohne Ende und die Omnipräsenz von sozialen Netzwerken lassen konzentriertes Arbeiten häufig nicht mehr zu. Ob jemand nun 35, 37,5 oder 40 Stunden im Büro arbeitet, sagt oft nichts über die Leistung aus. Diese lässt sich realistisch nur am Output messen, nicht an der im Büro abgesessenen Zeit“, sagt Michel Zondler, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens centomo http://www.centomo.de aus Baden-Württemberg.
Ein Interruptus mit gravierenden Folgen
Zondler stimmt kein kulturkritisches Lamento an. Zweifelsohne gingen viele Produktivitätsfortschritte auf das Konto der digitalen Technik, so der Personalberater. Doch jede Technik bringe sowohl Fluch als auch Segen mit sich. Laut Studien werden Arbeitskräfte im Büro alle drei Minuten unterbrochen. Ein Interruptus mit gravierenden Folgen: Denn es kann bis zu 23 Minuten dauern, bis sich ein Arbeitnehmer wieder seiner ursprünglichen Aufgabe widmet, so Gloria Mark, die über digitale Ablenkung forscht http://www.ics.uci.edu/~gmark/Home_page/Welcome.html.
Mark zufolge können Unterbrechungen auch positive Folgen haben. Wenn beispielsweise ein Meeting naht, versuchen viele Beschäftigte, noch schnell ein paar wichtige Aufgaben vorab zu erledigen. Auch das gelegentliche Surfen im Internet kann bei eher stupiden Arbeiten durchaus motivationsfördernd wirken, weil man auf andere Gedanken kommt.
„Unternehmen und Führungskräfte können auf verschiedene Weise mit dem Phänomen der digitalen Ablenkung umgehen“, meint Zondler. „So kann man natürlich bestimmte Seiten sperren lassen und den Mitarbeitern verbieten, im Büro mal kurz die privaten Mails zu checken oder sich in Facebook einzuloggen. Doch Zwang sollte das letzte Mittel sein. Ein sinnvoller Ansatz kann sein, dass man innerhalb eines Teams festlegt, dass intern nur dann per Mail kommuniziert wird, wenn etwas nicht absolut dringend ist. Ein Gespräch auf dem Flur oder ein persönliches Telefonat sind oft effektiver und weniger zeitaufwendig als das Hin- und Herschicken von banalen Mails.“
Gerade in Großraumbüros werde konzentriertes Arbeiten immer schwieriger. Hier müsse man kreativ sein. „Warum sollte man sich betriebsintern nicht darauf einigen, dass jedem Mitarbeiter ein paar Stunden in der Woche als Denk- und Auszeiten zustehen? Ein paar Stunden als Rückzugsgebiet für konzentriertes Arbeiten, dessen Ertrag natürlich verifizierbar sein muss. Wenn jemand regelmäßig ein paar Stunden Zeit für sich und seine Arbeit hat, nicht ans Telefon gehen, keine Mails beantworten und auch nicht bei Meetings erscheinen muss, kann dies neue Kräfte frei setzen. Dies ist effektiver als die Möglichkeit, einen Tag pro Woche im Homeoffice zu arbeiten. Denn dort warten oft noch viel mehr Ablenkungsmöglichkeiten als im Büro. Auch wenn es sich altmodisch anhört: Das Problem der digitalen Ablenkung bekämpft der Einzelne nur mit seine eigenen Willenskraft und dem Entschluss, mal phasenweise ganz bewusst auf Facebook, Twitter und Co. zu verzichten. Viele merken nach so einem Experiment: Es macht frei – zuerst den Kopf, dann den Schreibtisch.“ Die digitale Diät bewahrt so vor der digitalen Ablenkung.